Hericum einaceus, Pilz für das Nervensystem

Polyneuropathie: Schmerzschutz durch Hericium?

Langjährig erhöhte Blutzuckerkonzentrationen schädigen die Nervenzellen von Diabetikern. Neuropathische Schmerzen, die auch als Nervenschmerzen bezeichnet werden, treten bei etwa 20 Prozent der Diabetiker auf. Zum Schmerz kommen weitere Symptome hinzu, Missempfindungen wie Kribbeln, Brennen oder Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen. „Diabetische Polyneuropathie“ heißt die Diagnose, von der in Deutschland etwa eine Million Diabetespatienten betroffen sind.

Leider werden die Schmerzen in diesen Fällen häufig chronisch und die Therapie gilt als schwierig, oft begrenzen Nebenwirkungen den Einsatz von Medikamenten. Nicht selten werden mehrere verschiedene Arzneimittel in Kombination benötigt, oft ist auch der Einsatz von Antidepressiva nötig.

Auf der Suche nach einer pflanzlichen Behandlungsalternative stießen Wissenschaftler mehrerer chinesischer Universitäten auf den Pilz Hericium erinaceus. Der Affenkopfpilz, wie er bei uns oft genannt wird, wächst auf alten Laubbäumen. In Japan und China wird er schon lange als Speisepilz geschätzt, mittlerweile genießt er in der Fachwelt auch wegen seiner pharmakologischen Wirkungen Aufmerksamkeit. Untersuchungsergebnisse sprachen beispielsweise dafür, dass Hericium gegen Ängstlichkeit und Depressivität wirkt. Bisher gibt es noch keine Untersuchungen, die sich mit diabetischen Komplikationen beschäftigen.

Die Wissenschaftler untersuchten an Laborratten, ob der Vitalpilz Nervenschmerzen lindern kann. Tatsächlich zeigten sich dabei sehr positive Ergebnisse: Die Verabreichung von Hericium-Extrakt konnte die diabetische Neuropathie dämpfen – wie gesagt: bei Ratten. Für die Autoren erscheint es wahrscheinlich, dass dieser Effekt über eine Verbesserung des diabetischen Stoffwechsels zusammen mit der antioxidativen Aktivität des Pilzextraktes entstanden ist.

Quelle: Zhang Yi, Yang Shao-long, Wang Ai-hong, et al.: Protective Effect of Ethanol Extracts of Hericium erinaceus on Alloxan-Induced Diabetic Neuropathic Pain in Rats. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, Article ID 595480, in press.

Kurz kommentiert

„Als Arzt kann ich natürlich keinem Diabetiker raten, auf Grundlage dieser Untersuchung Hericium-Extrakt einzunehmen. Aber ich persönlich freue mich über das Ergebnis dieser Laboruntersuchung. Wer weiß, vielleicht ist diese Studie ein erster Schritt, um eines Tages diabetische Polyneuropathien besser behandeln zu können“.

Dr. med. Andreas Kappl